Das „Ich“ ist also keine konstante Institution der eigenen Persönlichkeit, da das Bewusstsein vom Zusammenspiel der Konstitution aller Organe abhängt (bisher nicht erwähnt: dabei spielen die Konstellationen der Gene auch eine große Rolle) und eine Kontinuität dieses Bewusstseins alleine durch subjektive Erinnerungen definiert wird (s. Beitrag). Diese Erinnerungen als individuelle Erfahrungen prägen demnach nachhaltig das Zusammenspiel der Organe und gelten damit als Ursache, wie auf Reize der Umwelt reagiert und mit diesen interagiert wird. Innere und äußere Ressourcen stehen also durch unterschiedliche Abstände in Verbindung (s. Beitrag) und beeinflussen Bewusstseinszustände. Beispielsweise kann alleine ein Geruch bei unterschiedlichen Personen Glücks- oder Angstgefühle auslösen. Entsprechend können die Organe reagieren was sich z.B. in den Wortkonstruktionen „Angstschweiß“ und „Freudentaumel“ ausdrückt. Der Geruch von Angstschweiß hat dann nochmal direkte Auswirkungen auf die eigene Wirksamkeit1, für den Freudentaumel kann an dieser Stelle auf ähnliches geschlossen werden. Dafür, dass in beiden Zuständen eine bewusste Kontinuität des Handelns möglich ist, müsste den hier im Blog genannten Erkenntnissen von Albert Bandura (s. Beitrag) folgend, eine Erfahrung im Umgang mit diesen Zuständen vorliegen: Eine persönliche Erfahrung der eigenen Wirksamkeit. Da diese im Zusammenspiel mit den persönlichen Ressourcen inner- und außerhalb des eigenen Körpers und damit des eigenen Bewusstseins entsteht, lässt sich an dieser Stelle auch aus der Perspektive von Francois Julliens Essay2 zustimmen, dass nicht von kulturellen Identitäten die Rede sein kann, sondern von kulturellen Ressourcen in einer gemeinsamen Welt, zu denen sich unsere Abstände unterscheiden. Das lässt den Rückschluss zu, dass die eigene Wirksamkeit von den Abständen zu (kulturellen) Ressourcen abhängig ist.
Dieses Zusammenwirken von Wirksamkeit und Ressourcen unterstreicht deren Bedeutung für Prozesse in Kooperationsprojekten im Kontext Kultureller Bildung. Die Rolle von Selbstwirksamkeit in Kooperationen, wie sie aufgrund meiner Erfahrungen als Kulturagent in einem vorherigen Beitrag beschrieben wurden, wird so natürlich bestätigt. Weiterführend bestätigt es die von Tom Braun und Brigitte Schorn aufgezählten kulturpädagogischen Handlungsprinzipien für „Ästhetisch-kulturelles Lernen und kulturpädagogische Bildungspraxis“3. Hier taucht die Erfahrung von Selbstwirksamkeit allerdings als eine von zehn genannten Prinzipien auf. In Reflexion der hier im Blog zusammengetragenen Erkenntnisse würde ich allerdings die Erfahrung der eigenen Selbstwirksamkeit als Argument zur Empfehlung aller anderen Handlungsprinzipien aufführen und nicht als Prinzip an sich. Wenn Selbstwirksamkeit in einer Bildungspraxis positiv erfahren werden soll, halte ich beispielsweise, wie von Braun und Schorn unter anderen aufgeführt, die Prinzipien „Partizipation“ und „Lebensweltorientierung“ als Bedingungen, die in der Projektarbeit implementiert werden sollten.
Die Beiträge zum Zukunftslabor in Bremen sowie die Beschreibung des Kontrasts zur Albrecht-Berblinger-Gemeinschaftsschule Ulm sollen Praxisbeispiele vorstellen, wie Selbstwirksamkeitserfahrungen im Schulalltag eine Rolle spielen können
- Preiner, Martina (2023): Den Geruch der Angst ignorieren. https://www.deutschlandfunk.de/den-geruch-der-angst-ignorieren-100.html [Zugriff 25.9.2023] ↩︎
- Jullien, Francois (2019): Es gibt keine kulturelle Identität, 5. Auflage, Suhrkamp Verlag: Berlin ↩︎
- Braun, Tom; Schorn, Brigitte (2012/2013): Ästhetisch-kulturelles Lernen und kulturpädagogische Bildungspraxis. https://doi.org/10.25529/92552.61 [Zugriff 25.9.2023] ↩︎